Die Welt der Phänomene und Naturwissenschaften lässt sich nicht schöner und spielerischer erforschen als im phaeno in Wolfsburg. Hamburger Jung und Hamburger Papa haben dem Museum einen Besuch abgestattet und sind begeistert.
Physik, Chemie, Mathe. Diese Fächer waren zu Schulzeiten nach meinem Geschmack. Endlich mal Zeit zum Comic lesen unter der Bank, zum Zettelchen schreiben, oder einfach nur, um Schlaf nachzuholen. Die Formeln, die Frau Notz, Herr Scheider oder Herr Muhle an die Tafel schrieben, sagten mir dagegen nichts. Sie schienen mir, wie ein willkürlich aufgestelltes Regelwerk mit dem einzigen Zweck, Schüler nachhaltig zu langweilen.
Nachdem ich dem Schulalter lange entwachsen war, las ich dann gelegentlich Bücher über Schrödingers Katze, etwas über Gottesteilchen, oder schaute einfach nur Filme über Mathe-Genies am Rande des Nervenzusammenbruchs.
Nicht, dass ich viel davon verstehe. Aber wenigstens faszinieren mich heute die Fragen nach dem, was die die Welt im Innersten zusammenhält.
Kürzlich fiel mir all das wieder ein, als ich zwei Tage mit dem Hamburger Jung in Wolfsburg verbrachte. Wenn man Bekannten erzählt, man fahre nach Wolfsburg, dann wird man erstaunt angesehen. „Habt Ihr Freunde dort?“, wird man gefragt. Oder: „Holt Ihr Euren Neuwagen ab?“ Dass man einfach wegen Wolfsburg nach Wolfsburg reist, gilt gemeinhin als nicht vorstellbar. Dabei gibt es dort eine Menge zu sehen: Eine ausgezeichnetes Kunstmuseum zum Beispiel, zur Zeit mit einer der ersten Ausstellungen des dänischen Künstlers Jeppe Hein nach seiner Burn-Out-Erkrankung. Außerdem gibt es in Wolfsburg ein riesiges Erlebnisbad für Familien, die Autostadt oder Europa-reifen Fußball.
Naturwissenschaftliche Phänomene zum Staunen
Der Hamburger Jung und ich waren in allererster Linie in der Stadt, um uns das phaeno anzusehen. Das phaeno ist ein Erlebnis-Museum, in dem auf 9.000 Quadratmetern naturwissenschaftliche Phänomene so präsentiert werden, dass einem Fünfjährigen und einem 42-Jährigen der Unterkiefer gleichermaßen nach unten klappt.
Das erste, was der Hamburger Jung und ich uns anschauen ist eine Seilwinde: Papa und Sohn ziehen mit vereinten Kräften an einem Seil. Das Seil läuft über mehrere Winden. Am anderen Ende des Seils ist ein VW-Golf, Baujahr 82 befestigt und – siehe da – das Gefährt wird von unserer Arme Kraft nach oben gezogen! Natürlich gibt es eine Formel, die das erklärt. Aber hier versteht man auch ganz ohne Formel, wie eine Seilwinde funktioniert.
Die Welt dreht sich im Hexenhaus
Drei Mal ziehen wir den Wagen hoch, dann zieht Hamburger Jung mich am Arm weiter. Er hat ein Hexenhaus entdeckt, das sich um die eigene Achse dreht. Die Besucher können in das Hexenhaus hinein, sich auf eine Bank setzen – und auf einmal fängt alles an, sich um einen herum zu drehen. In Wahrheit dreht sich natürlich nur das Haus, während die Bank stehen bleibt. Da sich aber alles dreht, hat man das Gefühl, auch selbst wieder und wieder Purzelbäume zu schlagen. Ich mache schnell die Augen zu und alles fühlt sich normal an. Der Hamburger Jung ist tapfer und lässt die Augen geöffnet.
Das Hexenhaus ist wohl eine der Hauptattraktionen im phaeno – dennoch muss man hier wie auch bei den anderen Stücken entweder gar nicht oder nur sehr kurz warten, bis man es austesten kann.
Überall stehen Guides bereit, die einem bei Bedarf zeigen, wie die Sachen funktionieren. Allerdings gehört es auch zum Konzept des Museums, dass sich die Guides mit Erklärungen zurückhalten. Man soll es lieber selbst herausfinden, warum etwas knallt, raucht, leuchtet oder umkippt.
Und tatsächlich gibt es kein Ausstellungsstück, das man nicht verstehen würde. Natürlich nicht immer in der ganzen Tiefe. Aber man erlebt jedesmal schnell wie man welchen Effekt herstellt erleben, und bekommt ein besseres Verständnis von FHaft = fHaf t x FN, von Wkin = 1 2 x m x v 2 oder von P = W x t, , als Tafelkreide und eine einschläfernde Lehrerstimme es je vermitteln können.
Kleiner Mann schmeißt Großes um, da ist die Begeisterung vorprogrammiert
Ein weiteres Highlight war für den Hamburger Knirps die „Domino-Bahn“. Die funktioniert ganz einfach, der Hamburger Jung hat sie aber wieder und wieder und wieder ausprobiert und dabei jedes Mal laut gehjohlt. Die Bahn geht los mit einem Schokoladentafel großen Dominostein, der einen größeren Dominostein umkippt, der wieder einen größeren Stein umkippt – bis schließlich der größte, ca. 1,80 Meter hohe Stein umgekippt wird.
Fun, Fun, Fun!
Kein Ahnung, ob es eine Formel zu „Kleine Ursache, große Wirkung“ gibt, aber hier erlebt man sie in Aktion. Und wenn ein kleiner Mann große Sachen umschmeißen darf, ist die Begeisterung natürlich vorprogrammiert.
Ebenso simpel und dennoch sehr anschaulich, sind die verschiedenen Schatten und Lichtspiele: Bei einem Ausstellungsstück kann man kleine und große Figuren unterschiedlich weit von einem Licht entfernt aufstellen. Erstaunlich: Die kleinen Hexe wirft genau so große Schatten wie die große Gretel, wenn man sie dichter an die Lichtquelle stellt. Ein paar Meter weiter können Vater und Sohn selbst Schatten werfen. Fun, Fun, Fun.
Feuertornado und Roboter
Eine der Besuchermagneten des phaeno ist der Feuertornado. Alle paar Stunden wird ein sechs Meter hoher Feuertornado gezündet. Konnte ich mir leider nur aus der Ferne ansehen. Denn der Hamburger Jung hatte, aus welchen Gründen auch immer, kein Interesse. Vielleicht war es die Kombination aus Feuer und aus Tornado, die ihm unheimlich war, jedenfalls wollte er sich dieses Spektakel partout nicht ansehen.
Stattdessen zog er mich an der Hand zu einem Roboter: Diesem „Robo Sapiens“ kann man per Touchscreen diverse Befehle geben. Von “Roll mit den Augen”, über “greif mit den Händen” bis zu “sprich wie Thomas Gottschalk”. Für den Hamburger Jung war der Roboter eindeutig eines der Highlights im phaeno. So einen wünscht er sich jetzt zu Weihnachten. Entweder das oder eine Babykatze.
MechanixX-Show
Neben den Ausstellungsstücken gibt es wechselnde Shows im Programm. Hamburger Jung und ich haben eine MechanixX-Show besucht. Die Show, wie auch das ganze Museum, hat wenig Angst vor amerikanisch inspiriertem Infotainment. Bleibt dabei aber niedersächsisch geerdet und verzichtete auf Disney-eske Showeffekte.
Und so wird man launig durch eine paar physikalische Effekte geführt. Das Publikum darf immer kräftig mitmachen. Hamburger Jung war ein wenig enttäuscht, dass er nicht auf die Bühne gebeten wurde. Denn wer auf der Bühne bei einem Experiment mitgewirkt hat, wurde im Anschluss mit einem Schlüsselanhänger belohnt. Der ist uns nun leider entgangen.
Hamburger Jung de-materialisiert sich?
Im Phaeno kann man übrigens noch ein ganz spezielles Phänomen erleben, das es so wohl nur hier gibt: Hier verschwinden Kinder nämlich einfach so!
Mir jedenfalls ist es jedefalls ein ums andere Mal an diesem Nachmittag passiert, dass der Hamburger Jung gerade noch neben mir stand – und als ich ihm dann etwas sagen wollte, da war er schon wieder weg!De-Materialisiert?
Nicht ganz: Ich fand ihn schnell immer wieder bei einem der nächsten Exponate, in das er versunken war. Man kann dieses Phänomen nicht erklären. Aber man erlebt es ständig im Phaeno. Und man versteht es.
Mehr Informationen zum phaeno:
phaeno Wolfsburg
Willy-Brandt-Platz 1
38440 Wolfsburg
Pingback: Geschenkeset aus dem phaeno -