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Schulkind seit sechs Monaten

Seit einem halben Jahr ist unser Hamburger Jung Schulkind. Haben wir unsere späte Entscheidung, ihn als Kann-Kind einzuschulen, eigentlich jemals bereut? Das, wie es ist ein Schulkind zu haben, warum ich von der Ganztagsschule erst enttäuscht war und mich langsam gewöhnt habe. Und was wir unserem Schuljungen zum Abschluss des ersten Halbjahr geschenkt haben, lest ihr hier.

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Vom Kann-Kind zum Schulkind

Wer hier eifrig mitliest, erinnert sich vielleicht noch, dass wir unseren Hamburger Jung (6) vorzeitig eingeschult haben, obwohl wir theoretisch immer dagegen waren, ein Kind in die Schule zu schicken, das noch ein Jahr im Kindergarten spielen könnte. (Hier haben wir darüber geschrieben) Haben wir diese Last-Minute-Entscheidung jemals bereut?

Nein! Unser Sohn geht jeden Tag gerne zur Schule, lernt eifrig lesen und schreiben, hat eine wunderbare Lehrerin, tolle Kinder und vor allem tolle Jungs in seiner Klasse! Es hätte ihm gar nicht besseres passieren können, als genau zu diesem Zeitpunkt in genau diese tolle Klasse zu kommen. Mithalten kann er in allen Belangen. Im Lernen, im konzenrierten Dasitzen, im Fußball spielen und irgendwie auch in den kleinen Kämpfchen, die Jungs so untereinander ausfechten.

Das weiß ich theoretisch alles und dennoch gibt es manchmal kleine Zweifel. Einfach, weil es so schwierig ist, diese Kann-Kind-Soll-Kind-Entscheidung für sein eigenes Kind zu treffen. Kleine Zweifel nagen in mir, wenn er zum Beispiel sagt “Du Mama, ich bin in meiner Klasse der Jüngste.” Ganz unbefangen sagt er das, ohne zu werten, aber ich zweifel dann trotzdem. Für einen kleinen Moment. Kleine Zweifel nagen auch an meinem Mama-Herz, wenn ich sehe, wie schwierig die Umstellung vom Kindergarten- zum Schulkind manchmal zu sein scheint (dazu weiter unten mehr …).

Aber dann stelle ich mir immer vor, wie schwierig es für ihn gewesen wäre, als viel zu “großes” Kind im Kindergarten zu sein und als viel zu reifes Kind in einem Jahr eingeschult zu werden. Ich stelle mir vor, wieviel Unmut und Ärger wir zuhause abbekommen hätten, und bin – beruhigt.

Es ist und bleibt: eine Umstellung! Oder: Bis die Eltern ausrasten

Neue Regeln, neue Freunde, neuer Alltag. Wenn Kinder in die Schule kommen, ändert sich einfach mal alles. Ich weiß nicht, wie es Euch ergangen ist, falls Ihr schon Schulkinder habt. Aber an unserem Familienleben ist diese Umstellung nicht spurlos vorbeigezogen. Da werden auf einmal Schimpfwörter nach Hause gebraucht, dass Mama und Papa nur noch die Kinnlade runter klappt (Besonders erfreulich ist es dann, wenn der jüngere Bruder sie auch gleich in die Kita weiter trägt). Der kleine Bruder wird drangsaliert. Die Eltern so lange gepiesackt, bis auch sie endlich mal ausrasten (Yeah!). Ich weiß nicht, wie oft der Hamburger Papa und ich uns in den letzten Monaten mantramäßig “die Schule, die Schule” zugeflüstert haben. Um noch einmal tief Luft zu holen. Um noch einmal Geduld zu haben. Um noch einmal zu erklären, dass es so nicht geht.

Ist er sozial überfordert? War die frühe Einschulung doch ein Fehler? Denkt mein zweifelndes Mama-Herz in solchen Momenten. Aber dann höre ich, dass es bei den anderen Jungs genauso ist. Und bei den Mädchen auch schwierig, wenn auch anders schwierig. Also erinnere ich mich wieder, wie es sein muss, auf einmal ein Schulkind zu sein. Wenn große Anforderungen auf kleine Menschen treffen. Wenn kleine Menschen auf einmal selbst groß und cool sein wollen, obwohl sie doch bis gestern noch klein waren. Und ich erinnere mich daran, dass es einen Ort auf der Welt gibt, wo sie sein dürfen, wie sie wollen und doch immer geliebt werden: Zuhause.

Von der Ganztagsschule enttäuscht, oder?

Ein Punkt war mir völlig klar. Nach der Schule würde meine Sohn in der Schulkantine gesund zu Mittag essen. Danach würde er in die Ganztagsbetreuung gehen. Er würde malen, basteln, Hausaufgaben machen und tolle Kurse besuche: Fußball spielen, Gitarre lernen, Theater spielen und das alles mit seinen Freunden. Vereinssport? Hobbies? : Brauchen wir ab sofort nicht mehr! Wäre ja auch viel zu viel nach Schulschluss um 16 Uhr. So hatte ich mir das vorgestellt. So oder so ähnlich.

Aber was soll ich Euch sagen? Im ersten Halbjahr war ich von der Ganztagsbetreuung ganz schön enttäuscht. Während ich kein Problem damit hatte, unseren ältesten Spross bis 16 Uhr oder länger in der Kita zu lassen, sah das in der Schule schon ganz anders aus.

An manchen Tagen kann man ja schon dankbar sein, wenn kein Kind das andere verletzt hat

Das Mittagessen mag noch einigermaßen gesund uns essbar sein. (Keine Selbstverständlichkeit, wie ich von anderen Eltern weiß) Aber dann geht es los. Viel zu wenig Betreuer für viel zu viele Kinder. Wie soll eine Betreuerin bei 20 Kindern darauf achten, dass noch irgendwelche Umgangsformen eingehalten werde? Wenn am Ende des Tages, kein Kind das andere verletzt hat, kann man ja schon froh und dankbar sein, so war mein Gefühl an manchen Tagen.

Ich weiß gar nicht, wem ich den Vorwurf machen soll. Irgendwie liegt der Fehler wohl im System. Die Stadt Hamburg will Ganztagsschulen massiv ausbauen. Schon seit einiger Zeit ist die Betreuung bis 16 Uhr an allen Schulen möglich und sogar kostenlos. Aber natürlich passiert, was immer passiert, wenn die Stadt etwas schnell und flächendeckend umsetzen will. Die Schulen finden kaum qualifiziertes Personal für dieses Angebot. Abläufe in den Hort-Betreuungen und zwischen Hort und Schule brauchen Zeit und Erfahrungswerte, um sich einzuspielen.

Hinzu kommt: Gerade für eine Erstklässler ist so ein Ganztag einfach mal lang. Die Kinder sind mittags müde. Was für ein Glück, dass ich gerade noch mit unserem Baby in Elternzeit bin und es für mich kein Problem war, den Hamburger Jung um 15 Uhr zuhause in Empfang zu nehmen. Einmal in der Woche kommt er sogar schon um 13 Uhr nach Hause und wir essen gemeinsam. Ein schönes Ritual, und ich glaube genau das Maß Schule, was wir ihm in diesem ersten Schuljahr zumuten konnten.

Und tatsächlich muss ich zugeben, hab ich mich auch mit dem Ganztag mittlerweile einigermaßen versöhnt. Natürlich ist Betreuung nicht mehr so gut wie in der Kita. Aber jetzt, im zweiten Halbjahr, hat unser Sohn tolle Kurse bekommen, die er mit seinen neuen Freunden besucht. Er weiß, wann er wo sein muss und braucht nicht mehr soviel Unterstützung von den Betreuern. Vielleicht mussten wir Eltern uns hier auch einfach ein bisschen gewöhnen … Ob wir jetzt unsere Arbeitszeiten reduzieren müssen, um unseren Sohn nicht zu lange der Hamburger Ganztagsbetreuung auszusetzen? Ich werde Euch auf dem Laufenden halten …   

Lernentwicklungsgespräche und warum Schule heute ganz anders ist als damals

Kinners, für alle die noch keine Schulkinder haben und nicht zufällig Lehrer sind: Ich kann Euch sagen: Schule ist heute ganz anders als bei uns. Viel besser, wie ich finde! Die Kinder lernen viel individueller und viel selbständiger. Während der eine schon Aufgabenhefte bearbeitet, in dem ganze Absätze zu lesen sind, friemeln sich andere noch durch einzelne Wörter. Während manche so viele Kringel zu den vorhandenen Kringeln malen, bis endlich zehn davon im Aufgabenfeld sind, lösen andere Mathe-Gitter (ihr wisst schon diese Hoch-,Quer, Diagonal-Reihen, die zusammen immer x ergeben müssen oder in denen keine Zahl doppelt vorkommen darf, oder, oder …) Es gibt Lernbüros, in denen Kinder sich aussuchen können, in welcher Reihenfolge sie ihre Aufgaben bearbeiten, sich zusätzliche Aufgaben frei wählen können (von der so genannten Sternchen-Aufgabe wird hier immer mit leuchtenden Augen erzählt), mit anderen zusammen arbeiten und, und, und …

Am Ende des Schuljahres sollen (hoffentlich) alle einen Minimal-Standard geschafft haben. Das klingt offener, beweglicher und freudiger als das, was wir in der Grundschule so gemacht haben. Es klingt so, als müssten sich die Schüler weder langweilen noch sich überfordert fühlen und wird den meisten Kindern hoffentlich gerecht!

Lernentwicklungsgespräche nicht über das Kind, sondern mit dem Kind

Zu diesem Bild von selbständigen und selbstverantwortlichen Schülern passt auch, dass heute nicht mehr Eltern mit Lehrern über ihr Kind beim Elternsprechtag reden. Nein, heute gibt es, so musste ich gerade lernen, “Lernentwicklungsgespräche”. Zu einem solchen Gespräch waren wir gerade eingeladen. Wir heißt nicht, ich und mein Mann. Sondern wir heißt, mindestens ein Elternteil, und vor allem das Kind. Die Lehrerin führt das Gespräch mit dem Kind, die Eltern sitzen daneben, können Fragen stellen, Anmerkungen machen, was auch immer. Aber im Grunde geht es darum, dass Lehrerin und Kind sich über das vergangenen Halbjahr austauschen, den Lernstand festhalten und Ziele für das kommende Halbjahr vereinbaren. Ein bisschen habe ich mich gefühlt, wie in meinem letzten “Leistungs- und Potentialgespräch” mit meinem Chef. Nur, dass meine Mama nicht daneben sitzen durfte.

Ein Halbjahr geschafft – Geschenkidee für den Ranzen

Neues Halbjahr – neue Kletties für den Ranzen

Als ich ein Kind war haben meine Eltern mir zu den Zeugnissen, zum Abschluss eines Zeugnisses oder auch mal zu einer besonders gefürchteten Mathearbeit etwas geschenkt. Überhaupt nichts großes, sondern Kleinigkeiten, die vor allem sagen sollten “Wir denken an dich, wir wissen, dass das für dich wichtig ist …” Ein Brief, eine Schokolade, eine neue Federtasche, ein Buch – so etwas in der Art. Noch immer finde ich es total schön, wenn auch der Hamburger Papa in dieser Form Anteil an meinen großen Job-Ereignissen nimmt. Ein Blumenstrauß zum Start in die Elternzeit, stimmt mich für mindestens eine Woche freudig 🙂  Und so will ich es auch bei unseren Kindern halten.

Die ganze Klasse auf dem Ranzen

Als kleines “Ich denk an Dich” hat unser Hamburger Jung zum Abschluss des ersten Halbjahres neue Kletties für seinen ergobag Schulranzen bekommen. Aber nicht irgendwelche, nein! Ihr wisst vielleicht, dass es zu den  Schulrucksäcken von ergobag aufklettbare Bilder zu allen möglichen Themenwelten von Fußball und Rennautos über Dinosaurier und Pferde bis hin zu Feen und Tänzerinnen gibt. Jetzt gibt es auch Kletties zum selbst Gestalten! Eine gute Idee, finde ich. Ihr könnt Kinderzeichnungen abfotografieren, selbst etwas malen, Fotos, Farben, vorgestaltete Motive oder eigene Texte benutzen. Tatsächlich ist es in diesem Alter ja schon nicht mehr ganz so einfach, weil den Kindern im allgemeinen Gruppendruck so manches auch schon peinlich ist. Unser Sohn beispielsweise ist nicht stolz genug auf seine Bilder, als dass er sie sich auf den Ranzen kleben würde. Ich entschied mich schließlich ganz schlicht für seinen Namen auf farbigen Grund, ein Bild von ihm und seiner kleinen Schwester (denn auf die ist er wirklich stolz) und ein Foto von der ganzen Klasse – und machte daraus im Handumdrehen stylische Kletties – für ihn – und von dem Klassenfoto übrigens auch für seine Freunde. 

Und so geht er jetzt ins nächste Halbjahr, unser großer Junge! Ich bin gespannt, wie es weiter geht. 

Und jetzt interessiert mich Eure Meinung. Ich weiß doch, dass hier einige Schulkind-Eltern mitlesen. Wie sind Eure Erfahrungen mit der Ganztagsbetreuung? Wie habt ihr Euren Alltag re-organisiert, als der Nachwuchs in die Schule kam? Leidet auch ihr an der Umstellung, die Eure Kinder mitmachen mussten? Maulen, schimpfen, fluchen? Kennt ihr das? Ich bin sehr gespannt!

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